Filmmusik

Thermoment (1998)

Visuelle Thermokomposition in Analogie zu einer muikalischen Komposition.

Mehrere Klangspuren wurden improvisiert und über einen 7/4 Rhythmus geschichtet.

Schneckenartige Schleifen ziehend kriechen Töne wie Bilder aufeinander zu, ins Ohr und sich ins Auge bohrend analog, weil sie weder deckungsgleich sind, noch kongruent – weder mit sich noch mit dem Anderen – in sich gekonterten Projektionen von Klangräumen/Lichträumen, die vielschichtig aneinander vorbeilaufen.

Stakkatohaft brechen Töne so wie Bilder in sich ein, kaum daß ihr Umriß greifbar geworden ist.

Slapstickartig entfalten sich Motive nicht, sondern falten sich ein – Kartenspielertricks, die die Ebenen vermischen -, blinde Blende, wo sonderbare Entsprechungen der Sinne – wie Mutmaßungen – zwischen Bild und Ton im Gelächter stranden, während die Motive verloren im Raum schweben.

(Karin Stempel, Filmblatt von Dore O.)

Endo-Heat (1998)
Musik zum Sehen.

Das Sichtbarmachen von Musik ist ein Programm des absoluten Films seit seinen Anfängen.

Die visuelle Komposition setzt sich in Analogie zur musikalischen.

Und dem Wesen der Musik entsprechend geht das nur abstrakt : in Formen, Farben, Bewegungen, Rhythmen.

Die Ton-Bilder und Klang-Gemälde, die dabei entstehen, sind normalerweise bewußte Konstruktionen, kreative, frei assoziierende Akte eines film-, nicht eines musikschaffenden Künstlers.

Das allerdings ist bei Endo-Heat anders, auch wenn es hier nach wie vor darum geht, Musik sichtbar zu machen, und das Ergebnis wie ein abstrakter Film erscheint.

In Endo-Heat geht es nicht um freie Assoziationen.

Die Bilder dieses Films sind nur bedingt komponierte Bilder, in erster Linie sind sie dokumentarisch.

Dore O. benutzt die Kamera vorrangig als sachdienliches Aufzeichnungsgerät, um die musikalischen Improvisationen des Klarinettisten Eckard Koltermann und seine verbalen Äußerungen im Bild festzuhalten.

Doch ihre Kamera erfaßt den Vorgang nicht, wie gewohnt, an seiner Oberfläche.

Dann sähe man nur einen Musiker, der spielt, und hörte seine Musik, ohne sie zu sehen.

Hier jedoch erfaßt die Kamera den Vorgang von innen : ihr Röntgenblick geht in die Tiefe, unter die Haut, macht die Musik selber sichtbar.

Die Kamera, die Dore O. dazu verwendet, ist keine gewöhnliche Kamera.

Sie ist Teil einer medizinischen Apparatur für thermographische Untersuchungen; betrieben wird sie mit flüssigem Stickstoff.

Ursprünglicher Zweck dieses Wärmeaufzeichnungsgeräts ist die Früherkennung von Brustkrebs.

Indem die Kamera in der Lage ist, unter die Haut zu sehen, soll sie die Gradation von Wärme- und Kälte-Zonen notieren.

Die Kamera nutzt Dore O. zu Thermoaufzeichnung der „inneren Hitze“ einer Musikkomposition.

Die Töne der Komposition erzeugen andauernde Transformationen.

Es entstehen sich bewegende und sich verändernde Wärmefelder.

Die Kamera sieht, was während des musikalischen Akts im Körper der Musikers vorgeht.

Der Weg der Töne, die Bewegung der Laute werden von der Kamera festgehalten, ganz real und mit gleichem Recht : ganz surreal. Wechselnde Tempi und wechselnde Temperaturen korrespondieren.

Die Töne schaffen die Bilder.

Endo-Heat ist ein experimenteller Dokumentarfilm mit einer graphischen Transparenz.