„bonus“ ist ein Kompendium von Aufnahmen des Musikers Eckard Koltermann aus den Jahren
1990-2016.
Die Produktion umfasst vier CDs und eine LP mit mehr als fünfzig Musikern in 12 verschiedenen Formationen.
Sie enthält Studioaufnahmen und Live-Mitschnitte von Konzerten und Festivalauftritten.
Die verschiedenen CDs sind aufgeteilt nach der Größe der Besetzungen, beginnend mit Soloaufnahmen bis hin zu Großbesetzungen (Collage 12, Orkest de Volharding) aus den 90er Jahren, während die LP eine Zusammenfassung der Stücke bietet.
Sämtliche Kompositionen sowie einige Bearbeitungen sind von Eckard Koltermann, dessen Bassklarinettensound die Musik durchzieht und in ihrer Diversität thematisch zusammenhält.
Namhafte Musiker wie Kent Carter, Willem van Manen, Lauren Newton, Barre Phillips, Kenny Wheeler, Theo Jörgensmann und viele andere wirken in den verschiedenen Ensembles mit.
Die Aufnahmen wurden aus mehreren hundert Tracks von Eckard Koltermann und dem Toningenieur Wolfgang Bökelmann ausgewählt und digital nachbearbeitet.
Die Produktion „bonus“ erscheint im Oktober 2021 bei der Firma NOM und wurde maßgeblich unterstützt durch die Coronasoforthilfe des Landes Nordrhein-Westfalen.
CD 01 : Solos, Duos
2007
Die Motive zu PIROSMANIS TISCH entstanden während einer Reise nach Georgien 2006, die der Bildhauer und Grafiker Hans Scheib organisiert hatte und die mit Ausstellungen und Konzerten in verschiedenen georgischen Städten verbunden war.
Der Maler Niko Pirosmani, Protagonist der naiven Malerei, dem das gesamte Projekt gewidmet war, gilt den Georgiern als Nationalheld, dessen Wunsch es war, alle Künstler an einem Tisch zu vereinen. Ursprünglich waren Teile der Musik für eine Filmdokumentation über die Georgien-Reise konzipiert.
Der Film konnte aus Kostengründen nie realisiert werden.
2008
Einige Monate vor der offiziellen Eröffnung des Ruhrmuseums in Essen im Jahr 2008 fand die Ausstellung ALLE BILDER SIND SCHON DA statt.
Große, ständig wechselnde Projektionen von historischen Fotos des Ruhrgebiets wurden auf die riesigen Wände der ehemaligen Kohlenwäsche der Zeche Zollverein geworfen.
Der Regisseur Wolfram Lenssen beauftragte mich mit der musikalischen Ausgestaltung der Installation, in der es um die Erinnerung der Geschichte der Industrieregion ging.
Bei den Overdubs habe ich versucht, verschiedene Zeitebenen durch Hallräume zu erzeugen, von denen einige vor Ort, in dem riesigen Treppenhaus, sowie in anderen leerstehenden Hallen der Zeche Zollverein aufgenommen und von Wolfgang Bökelmann bearbeitet wurden.
1999
Den Bassisten Kent Carter lernte ich in den 90er Jahren durch Theo Jörgensmann kennen und gründete mit Ihm und dem türkischen Perkussionisten Burhan Öçal ein Trio, das etwa ein Jahr existierte.
Von den Konzerten ist leider nur sehr wenig verwertbares Material vorhanden, aber das Stück ANTHRAZIT, nahm ich mit Kent im Duo bei einer Studiosession auf.
2008
Der Essener Künstler Franz-Rudolf Knubel arbeitete sehr lange Zeit über die Geschichte der amerikanischen Literaturwissenschaftlerin und Widerstandskämpferin Mildred Harnack-Fish, die 1943 auf Hitlers persönlichen Befehl hingerichtet wurde.
Im Nachlass des Geistlichen, der sie kurz vor ihrem Tod betreute fand Knubel ein Buch mit Goethe-Gedichten, die Harnack-Fish kurz vor ihrem Tod übersetzte und gab mir den Auftrag die Texte für seine Ausstellung zu vertonen.
Ich war fasziniert von der Modernität und der Eigenwilligkeit der Goethe-Nachdichtungen.
1998 hatte ich ein Musiktheaterstück mit Texten von e.e.cummings geschrieben und seine außergewöhnlichen Gedichte kennengelernt.
Seither hatte mich die amerikanische Lyrik des frühen 20. Jahrhunderts sehr interessiert, die auch in den Texten von Mildred Harnack-Fish ihren Ausdruck findet.
CD 02 : Trios
2012
Das Trio mit dem Gitarristen Christian Hammer und dem Schlagzeuger Achim Krämer wurde von mir 2010 gegründet.
Die für diese Besetzung geschriebenen Stücke versuchen eine Synthese aus reduzierter Musik und einem jazzorientierten „West-Coast“-Idiom zu erschaffen und sind an den frühen Trios und Quartetten des Klarinettisten und Saxophonisten Jimmy Giuffre orientiert.
Die Musik von Giuffre war für mich und meinen langjährigen Musikerkollegen Achim Krämer seit Anfang unserer Laufbahn ein Leitstern.
1991
Unter dem Namen GERMAN CLARINET DUO entstand 1990 zwischen Theo Jörgensmann und mir eine über 25jährige musikalische Partnerschaft, die aus der gemeinsamen Zusammenarbeit bei Georg Gräwes GRUBENKLANGORCHESTER, der niederländischen CONTRABAND des Posaunisten Willem van Manen und dem
Klarinettenquartett CL-4 hervorgegangen ist.
Wir spielten über 100 Konzerte zusammen in kleinen Clubs, auf vielen Jazzfestivals und an Orten der klassischen Musik.
Das Trio mit Perry Robinson war ursprünglich als Quartett mit John Carter geplant, der leider ein halbes Jahr zuvor an Krebs starb.
Ihm ist „Carteristic“ gewidmet.
Mit Perry Robinson verband uns eine langjährige Freundschaft, die sich in dieser gemeinsamen Zusammenarbeit musikalisch ausdrückte.
CD 03 : Quintett, Quartett, Sextett
2003 / 2016
Das Material dieses Stückes war ursprünglich eine Theatermusik für Streichquartett, für die Inszenierung des Stückes HAMLETMASCHINE am prinzregenttheater in Bochum.
Das prt ist ein kleines experimentelles Off-Theater, für das ich 8 Stücke, darunter 2 Kammeropern realisierte.
Ich schrieb die erste Fassung komplett um, fügte zu der auf 4 Sätze reduzierten Neufassung eine Bassklarinettenstimme mit solistischen Teilen hinzu und nahm das Quintett 2016 im
Revierton-Studio auf.
1998
Das Saxophonquartett STRATOS war Teil der niederländischen CONTRABAND, die von 1985 bis 2004 existierte.
Ich war die gesamte Zeit Mitglied dieser 14-köpfigen Besetzung, mit der wir einige hundert Konzerte spielten und 5 CDs veröffentlichten.
Der Leiter der Contraband, Willem van Manen gab mir die Möglichkeit fast jedes Jahr eine neue Komposition zu schreiben und aufzuführen.
1996 gründeten drei Mitglieder des Saxophonsatzes zusammen mit dem Sopransaxophonisten Jorrit Dijkstra das Stratos Quartett, das bis 2004 zusammen Konzerte gab.
Diese Aufnahmen von STRATOS waren Teil einer nicht veröffentlichten CD, aufgenommen von dem Toningenieur Michael Volkmann im Studio des Schloßtheater Moers.
2007
Von 2006 bis 2011 spielte ich mit Stevko Busch, Markus Conrads und Achim Krämer im Quartett unter meinem Namen, das wir 2007 und 2010 für einige Konzerte mit Paul van Kemenade und Wolter Wierbos zum Sextett erweiterten und uns in BORDERHOPPING umbenannten.
Höhepunkte dieser Zusammenarbeit waren Auftritte auf einigen Jazzfestivals
wie Berlin und Moers.
Die Organisation des Moers-Festivals stellte uns die Aufnahmen (Toningenieur war Gerhard Veeck) zur Verfügung.
„Am Himmel fliegen kleine Kugeln“ ist eine Widmung an den russischen Dichter Daniil Charms.
CD 04 : große Ensembles
1995
Die Komposition DILEMMA IN F war eine Auftragsarbeit des Bläserensembles Orkest de Volharding, das von 1972 bis 2010 bestand und den Niederlanden eines der wichtigsten Ensembles des „Third Stream“ war.
Es bestand zu gleichen Teilen aus klassisch ausgebildeten und Improvisationsmusikern, hatte seinen Sitz in Amsterdam und spielte vor allem Uraufführungen von zeitgenössischen Komponisten, die eigens für diese Besetzung Stücke schrieben.
Im Jahr 1995 initiierte das Orchester der Ausdauer (Volharding) das Projekt „The Jazz Connection“ an dem komponierende Instrumentalisten teilnahmen, die sowohl im Bereich des Jazz und zeitgenössischen Kammermusik arbeiteten u.a. Frederic Rzewski, Wiek Hijmans und Peter van Bergen.
Ich bekam den Auftrag ein Stück zu erarbeiten, in dem das GERMAN CLARINET DUO mit mir und Theo Jörgensmann, der Gitarrist Wiek Hijmans und der Flügelhornist Kenny Wheeler eingebunden waren.
Der ironisch gemeinte Titel drückt das Dilemma des Komponisten aus, Motive zu schreiben, die den Solisten die Möglichkeit der improvisatorischen Entfaltung geben und gleichzeitig den Klangkörper des ORKEST DE VOLHARDING zur Geltung bringen.
1995
XOANON ist keine Filmmusik im eigentlichen Sinne, sondern nach dem gleichnamigen Experimentalfilm der Mülheimer Künstlerin Dore O. entstanden, mit der ich zwei weitere gemeinsame Projekte realisierte.
Dore O. hat in ihren Filmen eine rhythmisierte Schnitttechnik angewandt, die ich assoziativ auf die Komposition übertragen habe.
Die Vokal- und Textimprovisationen der Sängerin Lauren Newton und des Schauspielers Rupert Seidl bilden den Rahmen und den assoziativen Gedankenfluss dieses Film- und Musikexperiments.
1995
Dieses Stück ist eine freie Bearbeitung des Calypso-Songs MONEY IS KING des Sängers GROWLIN´ TIGER aus den 30er Jahren.
Das Lied hatte mir ein Freund auf einer Compact-Cassette von einer New York-Reise mitgebracht und es hatte mich gleich fasziniert.
Meine Bearbeitung für die COLLAGE 12, die ich 1990 gegründet hatte und die in wechselnden Besetzungen bis 1996 auftrat, dekonstruiert den Calypso und setzt ihn nach und nach mit einigen solistischen Zwischenspielen und Improvisationen wieder zusammen.
Alle Kompositionen von Eckard Koltermann, sofern nicht anders vermerkt.